2023 hat der DNP erstmalig die Vorbilder der Nachhaltigkeit im Sport ausgezeichnet. Mit den besten Beispielen will der neue Preis die weitere Entwicklung der Nachhaltigkeitsidee in Sport, Sportöffentlichkeit und Sportindustrie fördern.
Treiber der Transformation: Die Sieger des ersten DNP Sport.
Im Rahmen der 16. Verleihung des Deutschen Nachhaltigkeitspreises wurden am Abend des 24. November 2023 die Sieger des ersten DNP Sport ausgezeichnet. Sie stehen beispielhaft für die Transformation eines Sektors, der mit seiner Strahlkaft den Wandel in allen Bereichen fördern kann. Das waren die Finalisten.
Sportverbände und -vereine
Sportvereinigung Feuerbach 1883 e.V.
Nachhaltiges Handeln ist die zentrale Leitlinie für die Sportvereinigung Feuerbach verbunden mit dem Bekenntnis, die Ziele des Pariser Abkommens einzuhalten. Die Sportvereinigung Feuerbach 1883 e.V. hat als bisher einzige Sportorganisation weltweit einen Gemeinwohlökonomie(GWÖ)-Bericht erstellt und ist ein zertifiziertes Unternehmen mit externem Audit. Damit ist die Sportvereinigung Feuerbach einer der wenigen Breitensportvereine, der eine umfangreiche Nachhaltigkeitsberichterstattung durchführt.
Die GWÖ zeigt einen Rahmen auf, in dem alle Nachhaltigkeitsaktivitäten des Vereins integriert sind. Damit markiert sie auch die "Road to Paris" des Vereins. Aus der Analyse der Berührungsgruppen in Bezug zu den GWÖ-Werten ergeben sich die Handlungsfelder des Vereins. Ein Schwerpunkt ist die Perspektive der Mitarbeiter:innen mit dem Ziel einer kontinuierlichen Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Auch die Wirkung des Handelns des Vereins auf das soziale Umfeld vor allem im Stadtteil wird schwerpunktmäßig berücksichtigt. Ein besonderer Fokus liegt zudem auf Klimaschutzmaßnahmen und Maßnahmen zur Klimafolgenanpassung. Diese bündeln sich u.a. in folgenden Themenkreisen.
- Erneuerbaren Energien und energiesparender Technologien (auf allen Dächern der vereinseigenen Gebäude sind z.B. PV-Anlagen installiert)
- Intensives Energiecontrolling zur Optimierung der Gebäudetechnik
- Emissionsfreie Maschinen und Fuhrpark (im Jahr 2022 hat die Sportvg Feuerbach u.a. bei allen vier Rasenspielfeldern auf elektrische Mähroboter umgestellt)
- Stärkung der ÖPNV-Nutzung und des Radverkehrs durch Mitarbeitende
Die umgesetzten und geplanten Maßnahmen sind ein zweifelloses Vorbild für die nachhaltige Gestaltung des Breitensports in Deutschland.
Klimaberatung für Unternehmen ist teuer und Vereine können sich dies häufig erst recht nicht leisten. Der Landessportbund Hessen e.V. hat hier einen Lösungsansatz gefunden, Vereinen die Möglichkeit zu geben, sich für die Zukunft nachhaltig fit zu machen.
Der Öko-Check in Sportanlagen ist eine Initialberatung des Landessportbund Hessen für seine über 7.400 Mitgliedsvereine. Ziel der Beratung ist den meist ehrenamtlichen Mitarbeitenden Potentiale aufzuzeigen, wo in der vorhandenen Sportstätte Ressourcen eingespart bzw. Klimaschutzpotentiale erschlossen werden können. Wichtig ist die Beachtung der Situation vor Ort und die finanziellen Möglichkeiten der jeweiligen Betreiber. Im Rahmen der Beratung wird ein Überblick der Fördermöglichkeiten im Bereich des Ressourcenschutzes gegeben.
Seit Beginn der Beratungen hat der Landessportbund Hessen eine Sonderförderung für "Kosten- und Klimaschutzmaßnahmen im Sportverein" zusätzlich zu seiner normalen Vereinsförderung aufgebaut. Die Schwerpunkte der Beratung sind Wassereinsparung und Klimaschutzmaßnahmen in Sportanlagen. Seit der Enregiepreiskrise wurde auch der Anreiz zur Dekarbonisierung im Rahmen der Sonderförderung erhöht. Seit 2021 ist die Prüfung der vollständigen Dekarbonisierung der jeweiligen Sportanlage Teil der Beratung. Der Öko-Check verfügt parallel über ein Netzwerk des "Zukunftsorientierten Sportstättenbaus - Partner Sport - Wirtschaft – Wissenschaft“. Dem Netzwerk gehören unterschiedliche Partner aus der Wirtschaft und der Wissenschaft an. Bei Bedarf können die ehrenamtlichen Vorstände eine weitergehende Hilfe des Netzwerks erhalten.
Special Olympics Deutschland e.V. // LOC Special Olympics World Games Berlin 2023
Im Juni 2023 fanden die Special Olympics World Games, die größte inklusive Sportveranstaltung der Welt, in Deutschland statt. Fundament der Planungen waren die Bedürfnisse der Athlet:innen, die Implementierung der UN-Behindertenrechtskonvention sowie die UN-Nachhaltigkeitsziele.
Es sollte ein Bewusstsein für die Lebenssituation von Menschen mit geistiger Beeinträchtigung geschaffen sowie über Begegnungen Vorurteile abgebaut werden. Von Beginn an war es erklärtes Ziel, das gesamte Land einzubinden und neue Wege in der Berichterstattung zu gehen. So wurden beispielsweise Menschen mit geistiger und mehrfacher Beeinträchtigung auch in Planung und Durchführung der Weltspiele eingebunden,
Lediglich acht Prozent der Menschen mit geistiger und mehrfacher Beeinträchtigung haben in Deutschland Zugang zum Sport. Der herrschende Mangel an Zugangsmöglichkeiten im Sport ist auch der fehlenden Einbindung der Betroffenen in Entscheidungsprozesse geschuldet. Damit handelt es sich hier um ein Vorreiterprojekt, dass eine besondere Strahlkraft im Rahmen der sozialen Nachhaltigkeit aufweist.
Foto: Special Olympics World Games Berlin 2023 / Annegret Hilse
Die Schadstoffbelastung, die wir über unsere Sportarten – insbesondere im Outdoorbereich – in die Natur tragen, ist immens. Beim Wassersport bestehen Boote, Boards und Segel aus nicht-sortenreinem Kunststoff (GFK), sind nicht recycelbar und die Funktionskleidung ist mit per- und polyfluorierten Chemikalien verseucht. Das wollen die beiden Gründer der KHULULA AG,Holger Ambroselli und Schauspieler Simon Licht, ändern.
Das erste eigene Produkt von KHULULA ist der Eco_Optimist. Der Optimist ist das Boot, in dem Kinder und Jugendliche weltweit ihre ersten Schritte im Segelsport machen. Der verwendete Naturfaserverbundstoff besteht aus Flachsfasern aus den Beneluxländern und 60% biobasiertem Harz aus Deutschland. So besteht der Eco_Optimist zu 90% aus nachwachsenden Rohstoffen und recycelten Materialien, im gesamten Produktionsprozess fallen keine Kunststoffabfälle an. Das in Deutschland gefertigte Boot hat insgesamt einen um 70% geringeren CO₂ Fußabdruck als herkömmliche Boote und ist im Zielzustand 90% recycelbar.
So haben Kinder erstmals die Möglichkeit, mit einem nachhaltigen Sportgerät eigenverantwortlich einen Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit und Klimaschutz in ihrem Sport zu leisten. Bewusst wurde zudem ein Kooperationspartner in Deutschland gewählt, um die Lieferwege und Lieferketten kurzzuhalten: Das Team von Jade Yachting um Olympiasegler Tobias Schadewaldt.
Die Inklusion von Sehbehinderten Menschen via Audiodeskription (Personen beschreiben anderen Personen, was zu sehen ist) bei Live-Events findet bisher unter starker Limitierung statt. Für ein solches Angebot bedarf es spezieller Hardware, die teuer in der Anschaffung ist und die Nutzung dennoch begrenzt. In der Spitze werden maximal 30 solcher Geräte vor Ort angeboten.
Mit dem SaaS-Ansatz von der mycrocast GmbH wird die spezielle Hardware durch vorhandene Hardware (einem Laptop) ersetzt. Das Zuhören erfolgt nicht mehr über spezielle Geräte, sondern über das Smartphone des Stadionbesuchers. Dank der Nutzung des Internets besteht nun keine Begrenzung mehr hinsichtlich der Anzahl der Empfangsgeräte oder der Platzierung der Fans, auch zuhause kann das Angebot empfangen werden. Das Parallelangebot von mehreren Audiodeskriptionssprachen ist zudem möglich. Durch den Einsatz bei Verbänden wie UEFA, DFB, EHF, Special Olympics und Clubs wie Hamburger SV, Werder Bremen, VfL Wolfsburg, Ajax Amsterdam neben vielen weiteren zeigt sich aber längst, dass dies nicht nur ein Thema des Einzelnen, sondern von Vielen ist. In Summe konnten bereits über 3,1 Mio. Zugriffe auf Liveübertragungen der Partner verzeichnet werden.
Insgesamt trägt das Konzept nachweislich dazu bei, dass Personen mit Handicap Zugang zu ihrem Lieblingssport erhalten und es für Vereine einfacher ist, ein solches Angebot ohne hohe Anschaffungskosten bereitzustellen. Damit leistet mycrocast einen bemerkenswerten Beitrag zur Inklusion aber auch zur sozialen Nachhaltigkeit bei Sport-Live-Events.
„Nachhaltigkeitsheldinnen und -helden des Alltags“
Badischer Behinderten- und Rehabilitationssportverband e.V. (BBS)
„Weil Bildung keine Grenzen kennt“, hat der Badische Behinderten- und Rehabilitationssportverband e.V. (BBS) in einer bundesweiten Vorreiterrolle ein Ausbildungskonzept für Menschen mit geistiger Behinderung (MmgB) entwickelt.
MmgB werden vom BBS-Team zu Co-Trainer:innen ausgebildet und befähigt, Teile der Sportstunde eigenständig anzuleiten und ihre Übungsleiter:innen zu unterstützen. So entstehen in den Heimatvereinen inklusive Trainer-Tandems, die die Gesellschaft nachhaltig sensibilisieren, einen fairen Umgang auf Augenhöhe vorleben sowie die Sportwelt bereichern und diverser gestalten.
Nach dem Motto „Lernen durch Erleben“ werden Theorie und Praxis in didaktisch auf die besonderen Bedürfnisse der Teilnehmer:innen zugeschnittenen Lerneinheiten in leichter Sprache vermittelt. So können den Teilnehmenden auch komplexe Lehrgangsinhalte wie die motorischen Fähigkeiten und das Co-Trainer-Verhalten vermittelt werden.
Bis jetzt entstanden 33 Trainer-Tandems in badischen Sportvereinen. Die Co-Trainer wirken seither als Nachhaltigkeitsheldinnen und -helden, indem sie Inklusion aktiv vorleben, die Gesellschaft sensibilisieren und die Sportwelt bereichern.
Aufgrund der überregionalen positiven Resonanz wird das Ausbildungskonzept wird fortan nach badischem Vorbild auch bundesweit umgesetzt.