Preisträgerbegründung

Labor Tempelhof

Das Labor Tempelhof erhält einen Sonderpreis des Deutschen Nachhaltigkeitspreises für seine Vorreiterrolle bei der Umsetzung von umweltfreundlichen und ressourcenpositiven Veranstaltungen nach dem Kreislaufprinzip Cradle to Cradle (C2C).

Das "Labor Tempelhof" ist ein innovatives Projekt, das von den Bands Die Ärzte und Die Toten Hosen in Zusammenarbeit mit den vier Projektinitiatoren Cradle to Cradle NGO, KKT – Kikis Kleiner Tourneeservice, Loft Concerts und Side by Side Eventsupport ins Leben gerufen wurde. In der bisher fünfjährigen Projektlaufzeit fanden 2022 und 2024 sechs Konzerte mit insgesamt 330.000 Zuschauenden auf dem Flughafen Tempelhof in Berlin statt, bei denen möglichst viele vom Kreislaufwirtschaftsansatz C2C inspirierte Innovationen und Methoden in der Praxis getestet wurden. Neben den Konzerten fanden im Rahmen des Projekts mehrere Veranstaltungsformate zur Übertragbarkeit der C2C-Maßnahmen in die Breite statt, darunter eine mehrmonatige Ausstellung, eine 12-teilige Eventreihe sowie zwei Fachkonferenzen.

Das Hauptziel des Labor Tempelhof ist es, neue Standards für die Veranstaltungsbranche zu setzen, indem gezeigt wird, wie Großveranstaltungen in Zukunft ressourcen- und klimafreundlich durchgeführt werden können. Das Projekt versteht sich als Leuchtturm für die Branche, der inspirieren soll, von der Theorie in die Praxis überzugehen und nachhaltige Innovationen zu testen und zu etablieren. Gleichzeitig zeigt das Projekt, dass zahlreiche C2C-Innovationen heute bereits bei Veranstaltungen und darüber hinaus zur Umsetzung einer Kreislaufwirtschaft beitragen können. 

Insgesamt rund 50 Umsetzungspartner steuerten ökologische Lösungen bei. Beispielsweise wurde bereits bei den Konzerten 2022 ein Teil der Merchandise-T-Shirts in C2C-Qualität hergestellt, HVO-Kraftstoff als Alternative zu herkömmlichem Diesel verwendet, und eine Pommesgabel aus einer vollständig kompostierbaren C2C-Kunststoffalternative getestet. 2024 kamen Maßnahmen wie die Skalierung des Mehrwegangebots bei Bechern, Geschirr und Besteck auf 100 % sowie ein vollständig vegan-vegetarisches Speisenangebot im Publikumsbereich und Backstage hinzu.
 

Zudem wurden innovative Lösungen zur Kreislaufführung von Ressourcen implementiert, wie die Rückgewinnung von Phosphor aus menschlichen Ausscheidungen zur Herstellung von Humus und Flüssigdünger. Erfahrungen aus dem Projekt werden Interessierten innerhalb und außerdem der Eventbranche über mehrere Plattformen und Veröffentlichungen (Projekt-Webseite, Guidebook für die Veranstaltungsbranche, Report an Politik und Wirtschaft) zur Verfügung gestellt.

Das Projekt demonstriert, wie Großkonzerte durch den Einsatz von 100 % Ökostrom und die Nutzung von kreislauffähigen Materialien und Prozessen umweltfreundlicher gestaltet werden können. Dabei geht es den Projektinitiator:innen nicht um Perfektion, sondern um das Aufzeigen von Chancen, die Etablierung neuer Standards und das Anregen eines gesellschaftlichen Umdenkens in Richtung einer echten Kreislaufwirtschaft nach C2C. Diese Bemühungen haben gezeigt, dass Veranstaltungen nicht zwingend auf Kosten der Natur stattfinden müssen und stattdessen positive Auswirkungen für Mensch und Umwelt haben können.

Das Labor Tempelhof steht für die erfolgreiche Integration von nachhaltigen Konzepten in die Veranstaltungsbranche und dient als Modell für zukünftige Veranstaltungen weltweit​.

Foto © PAUL GÄRTNER