Mit dem Sonderpreis fokussiert der DNP die Felder, in denen der Handlungsbedarf am größten ist, um das Ziel einer nachhaltigen Entwicklung zu erreichen. Die Transformationsfelder leiten sich aus der Agenda 2030 der Vereinten Nationen und aus der Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung ab.
Wo Veränderung am dringendsten ist.
Der Sonderpreis des DNP würdigt Vorbilder in den vier Transformationsfeldern Klima, Ressourcen, Natur und Gesellschaft.
Aus den Branchenbesten hat die Jury des DNP sektorübergreifend jene Unternehmen ausgesucht, die besonders wirksame und vorbildliche Beiträge in den wichtigsten Transformationsfeldern geleistet haben, und damit als besondere Beispiele Motivation in die Breite tragen können. Die Assessmentpartner von PwC Deutschland und Prof. Dr. Evi Hartmann, Lehrstuhl Supply Chain Management an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, betrachteten dazu nur noch die Besten jeder Branche. Jedes der Unternehmen ist dem für seine Branche relevantesten Transformationsfeld zugeordnet:
Klima, Ressourcen, Natur oder Gesellschaft. In diesem Feld kann der Sonderpreis zuerkannt werden. Für jedes Transformationsfeld ermittelten die Assessmentpartner anhand der vorliegenden Daten, welche der Unternehmen die branchenübergreifend wirksamsten und beispielhaftesten Nachhaltigkeitsleistungen zeigen. Die Sieger der Sonderauszeichnung wurden am Abend des 23. November bei der großen Preisverleihung des 16. DNP Unternehmen bekannt gegeben und ausgezeichnet.
Die Finalisten und Sieger.
Transformationsfeld Klima
Das Pariser Klimaziel ist mit bisherigen Maßnahmen nicht erreichbar; die Welt steht vor der Auslösung gefährlicher Kipppunkte im Klimasystem. Es braucht bei Energie, Gebäuden, Verkehr, Industrie und Landwirtschaft eine schnelle Dekarbonisierung hin zur Klimaneutralität. Unternehmen können sowohl durch eigene Maßnahmen und mit Partnern in der Wertschöpfungskette als auch durch Produkte und Lösungen für Kunden entscheidende Beiträge für den Klimaschutz leisten. Welches sind Produkte, Maßnahmen und Lösungen, die die Sieger des Unternehmenswettbewerbs anbieten?
Neben Klimaschutz braucht es Klimarisikomanagement und Schutzmaßnahmen, um sich resilient an Klimarisiken anzupassen. Dabei ist die mediale Dominanz der letzten Jahre vorüber. Andere Themen absorbieren die Aufmerksamkeit in Politik und Öffentlichkeit. Die klimapolitische Debatte wird polarisierter: Stehen wir am Anfang eines Kulturkampfs in der Gesellschaft, in der beschlossene Ziele und eingeschlagene Wege in Frage gestellt und abgeändert werden? Wie sollte sich die Zivilgesellschaft aber auch Unternehmen positionieren?
Bürgerwerke eG
Die Klimakrise ist die größte Herausforderung unserer Zeit, und wie wir in den nächsten Jahren handeln, wird entscheidend dafür sein, wie stark sie unser Leben, unsere Gesellschaft und unsere Umwelt beeinflusst. Die einzige effektive Möglichkeit, dem Klimawandel entgegenzuwirken, besteht darin, zu 100 % auf erneuerbare Energien umzusteigen, und zwar so schnell wie möglich.
Um die Energiewende in Bürgerhand umzusetzen, haben sich verschiedene regionale Bürgerenergie-Genossenschaften zu den Bürgerwerken eG zusammengeschlossen. Dieser Ansatz ermöglicht es allen Menschen unabhängig von ihrem Wohnort, sich an der Energiewende zu beteiligen. Die Bürgerwerke bieten die Möglichkeit, Ökostrom aus erneuerbaren Energien zu beziehen und gleichzeitig die lokale Energiegenossenschaft zu unterstützen. Bürger:innen können auch Mitglied in den Bürgerwerke-Genossenschaften werden und sich finanziell oder mit ihrer Zeit an der Energiewende in ihrer Nachbarschaft beteiligen.
Die Bürgerwerke haben in den letzten zehn Jahren erhebliche Fortschritte gemacht, indem sie über 649 erneuerbare Energien-Anlagen mit einer Gesamtleistung von mehr als 148 Megawatt errichtet haben. Dies führte zu einer CO2-Einsparung von über 150.000 Tonnen CO2e im Jahr 2021. Mehr als 50.000 Energiebürger:innen haben sich finanziell an den Anlagen beteiligt oder beziehen Bürgerstrom.
Das Netzwerk der Bürgerwerke ist ein wichtiger Hebel für die Sensibilisierung für Klimaschutz-Themen und trägt dazu bei, die Energiewende in der Bevölkerung zu fördern. Sie sind auch an Projekten zur Förderung von Energiesuffizienz beteiligt, um einen umfassenderen Ansatz für Energieeinsparungen zu fördern.
Die Bürgerwerke sind ein beeindruckendes Beispiel für eine dezentrale, nachhaltige Energieversorgung, bei der Bürger:innen aktiv an der Gestaltung ihrer Energiezukunft teilnehmen können.
Duesenfeld GmbH
Duesenfeld hat Recyclingverfahren für Lithium-Ionen-Batterien entwickelt, die ohne das herkömmliche Einschmelzen oder Erhitzen der Batteriemodule auskommen. Der Fokus dieser Verfahren liegt von Anfang an auf Umweltfreundlichkeit, CO2-Vermeidung und Recyclingeffizienz. Bereits frühzeitig wurden Lösungen entwickelt, um neben wertvollen Metallen wie Kobalt, Nickel und Mangan auch preiswerte Materialien wie die Elektrolyt-Lösungsmittel, Graphit und Lithium zurückzugewinnen und in den Kreislauf zurückzuführen, um CO2-Emissionen zu reduzieren. Seit der Gründung im Jahr 2016 wurde der Prozess der Niedertemperaturtrocknung unter 80 Grad für den industriellen Einsatz weiterentwickelt. Duesenfeld hat eine eigene Forschungs- und Entwicklungsabteilung aufgebaut und weitere Verfahren entwickelt, patentiert und in der Industrie umgesetzt.
Die Recyclinganlage von Duesenfeld zieht Automobil- und Zellhersteller, Recyclingunternehmen sowie Politiker aus der ganzen Welt an. Sie betreiben industrienahe Forschung und Entwicklung und kooperieren mit führenden Expert:innen, Forschungseinrichtungen und Universitäten weltweit.
Das Unternehmen veröffentlicht transparent alle Prozessdaten und hebt die Wettbewerbsvorteile hervor: niedrige Temperaturen sparen Energie, es entstehen keine Fluorwasserstoffe, es ist keine Entsorgung giftiger Filterstoffe erforderlich, die Lösemittel werden nicht verunreinigt und können wiederverwendet werden, das Leitsalz wird nicht zersetzt, sodass das wertvolle Lithium vollständig erhalten bleibt, und es entstehen keine Lithiumfluoride oder ausgewaschene Metalloxide, es gibt keine Schmutzwasserbildung. Seit 2022 teilt Duesenfeld sein patentiertes Know-how mit Kooperationspartnern im Anlagenbau weltweit, um diese umweltfreundliche Technologie zu skalieren und trägt somit zur Einhaltung der Pariser Klimaziele bei.
SCHOTT AG
Die Glasindustrie ist eine der energieintensivsten Branchen in Deutschland, der Energiebedarf für die Herstellung wird bisher hauptsächlich mit fossilen Energieträgern wie Erdgas gedeckt. Im Schmelzprozess müssen Temperaturen von bis zu 1.700 Grad Celsius herrschen, wobei große Mengen an CO2 entstehen.
SCHOTT verfolgt das Ziel einer "klimaneutralen Produktion bis 2030" und hat dazu einen ehrgeizigen Aktionsplan entwickelt. Der Plan umfasst vier Hauptbereiche, darunter den Übergang zu 100 Prozent Grünstrom, den Technologiewandel, die kontinuierliche Verbesserung der Energieeffizienz und die Kompensation verbleibender Emissionen. Der Schwerpunkt liegt auf dem Technologiewandel, insbesondere in der energieintensiven Glasschmelze. Hier setzt SCHOTT auf Elektrifizierung der Schmelzwannen mittels Grünstrom und den Einsatz von grünem Wasserstoff. Erste Ergebnisse zeigen, dass eine Umstellung der Schmelztechnologie von Erdgas möglich ist, da die meisten Emissionen im Bereich der energiebedingten Emissionen liegen. Ab 2025 sind Pilotanlagen geplant, um schrittweise Verbesserungen zu erzielen, mit dem langfristigen Ziel, alle Schmelzwannen umzustellen. Die Umstellung ist komplex und hängt von verschiedenen Faktoren ab, einschließlich der begrenzten Austauschmöglichkeiten der Schmelzaggregate und externen Entwicklungen wie dem Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur und dem Ausbau erneuerbarer Energien.
SCHOTT arbeitet auf nationaler Ebene mit Energieanbietern und Industriepartnern zusammen, um regionale Wasserstoffinfrastrukturen aufzubauen und identifiziert Potenziale zur Energieeffizienz in einem branchenübergreifenden Netzwerk. Die Forschungsarbeiten zur Dekarbonisierung werden national und international gefördert. Bis 2022 konnte der Konzern seine klimaschädlichen Emissionen bereits um über 60 Prozent senken. Und dies trotz Anstieg des Energieverbrauchs durch die hohe Auslastung der vorhandenen und Inbetriebnahme neuer Produktionsanlagen. Ende 2022 wurde in Tests einer bisher ausschließlich mit Erdgas betriebenen großindustriellen Schmelzwanne bis zu 35 Volumenprozent Wasserstoff über mehre Wochen beigemischt. Im Labor gelang 2023 eine Testschmelze mit 100 Prozent Wasserstoff.
Transformationsfeld Ressourcen
Im Feld Ressourcen entscheiden sich einige der wichtigsten Fragen der Transformation: Nur ein geringer Teil aller der Erde entnommenen Rohstoffe werden in Kreisläufe zurückgeführt. Mit jetzigen Lösungen und Lebensstilen verbraucht ein Land wie Deutschland ein Übermaß an von der Erde regenerierbaren Ressourcen. Nur eine Transformation in ressourcenschonende Kreisläufe – biologisch und/oder technisch – kann die Lösung sein.
AfB setzt auf eine nachhaltige Vision des Ressourcenschutzes, die nur durch gemeinsame Anstrengungen möglich ist. Das Geschäftsmodell des Unternehmens beruht auf langfristigen Partnerschaften mit Unternehmen, Banken und Behörden in verschiedenen europäischen Ländern. Diese Partner möchten ihre ausgemusterte Hardware einer Zweitnutzung zuführen und legen dabei besonderen Wert auf Datenschutz. AfB bietet einen umfassenden Prozess, der alle relevanten Standards bezüglich Datensicherheit, Gefahrgut und Geräteschonung erfüllt, mit dem klaren Ziel der maximalen Remarketingquote.
Die Umsetzung dieses Ziels erfolgt durch verschiedene Maßnahmen, darunter die Sammlung mit wiederverwendbaren abschließbaren Sammelbehältern, Notebook-Boxen zur Vermeidung von Transportschäden und einen eigenen Fuhrpark ohne Subdienstleister. Zudem wird ein Videosecurity-Management unter Wahrung der Persönlichkeitsrechte der Mitarbeiter angewandt. Die enge Zusammenarbeit mit Blancco, deren meist-zertifizierte Löschsoftware eine Voraussetzung für die Kreislaufwirtschaft darstellt, ist ein weiterer Schlüsselaspekt. AfB fungiert hier als einer der Hauptabnehmer mit mindestens 250.000 Lizenzen pro Jahr.
Das Unternehmen betreibt auch eigene Reparaturzentren mit einer hohen Wertschöpfungstiefe im Bereich Refurbishment. AfB verfügt über Fachkenntnisse in Bezug auf alle Arten von IT- und Mobilgeräten, einschließlich spezieller Geräte wie Drucker, Switche und Server. Dies ermöglicht Ressourcenschonung und Zweitnutzung im gesamten IT-Spektrum. Zudem klärt AfB seine Partner über nachhaltige Erstnutzung und Werterhalt auf.
Die Lösung von AfB zeichnet sich durch ihre Skalierbarkeit und Multiplizierbarkeit aus. Das Unternehmen wurde im Jahr 2004 als 4-Personen-Start-Up gegründet und hat sich seitdem kontinuierlich entwickelt. Heute arbeiten 700 Mitarbeiter an 20 Standorten in 5 Ländern bei AfB, das mittlerweile als Europas größtes gemeinnütziges IT-Unternehmen gilt. Der dezentrale Aufbau ermöglicht kurze Logistikwege und trägt somit zum Klimaschutz bei. Zu den 1.600 Partnern von AfB gehören namhafte Unternehmen wie Siemens, Telekom, DHL Group, Pfizer, Infineon und Deloitte.
HARTMANN Möbelwerke GmbH
Als holzverarbeitendes Unternehmen zeigt HARTMANN Möbelwerke GmbH ein besonderes Bewusstsein für den Umgang mit Energie und Ressourcen in Zeiten des Klimawandels. Seit 2017 hat das Unternehmen schrittweise Photovoltaikanlagen auf den Dächern installiert, die heute genug Strom liefern, um den jährlichen Verbrauch zu decken. Durch konsequente Investitionen gelang es im Jahr 2023, die Primärenergie CO₂-neutral zu erzeugen.
Vor jeder Neuanschaffung von Elektrogeräten prüft und vergleicht das Unternehmen die benötigten Geräte und Anlagen. Es investiert ausschließlich in qualitativ hochwertige Geräte mit bester Energieeffizienz und langer Lebensdauer. Der bewusste Einsatz von LED-Leuchtmitteln im Unternehmen reduziert den allgemeinen Stromverbrauch. Auch bei den Arbeitsabläufen wird auf die optimale Auslastung der Maschinen geachtet, Leerlaufzeiten werden vermieden, und in Pausen werden Beleuchtung und Maschinen ausgeschaltet.
Die Wasserentnahme erfolgt nach gesetzlich vorgegebenem Verfahren aus dem öffentlichen Wassersystem, mit Abrechnung über Durchflussmessanlagen. Ein Brauchwasserkreislauf zur Verbrauchsreduzierung ist installiert. Abfall wird nach einem festgelegten Abfallmanagement getrennt und entsorgt, mit einer Recyclingquote von über 90 %, die fortlaufend einem Kontroll- und Verbesserungssystem untersteht.
Das Unternehmen misst seine Taten und lebt Maßnahmen zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen auf allen Ebenen. Im Rahmen des Umwelt- und Energiemanagements werden regelmäßig alle wesentlichen Verbrauchs- und Aktivitätsdaten erhoben. Diese Daten dienen als Grundlage für einen Energiemanagement-Report, der eine regelmäßige energetische Bewertung ermöglicht. Jährlich wird die CO₂-Bilanz erstellt, auch in Bezug auf das Greenhouse Gas Protocol.
Das Unternehmen setzt auf die Entwicklung und Nutzung von Systemen zur CO₂-Emissionseinsparung, darunter eine eigene Holzschnitzelanlage zur Produktion und Eigennutzung von klimaneutraler Energie, eine Photovoltaikanlage von 1,1 MWp (mit Erweiterung um weitere 1,1 MWp), Baumpflanzaktionen mit rund 7.000 gepflanzten Bäumen pro Jahr, Brauchwasserkreisläufe, hohe Reparaturfähigkeit und Langlebigkeit der Produkte sowie optimierte Logistiksysteme.
Interzero Circular Solutions Germany GmbH
Im Namen spiegelt sich die Vision des Unternehmens: Interzero steht für eine Welt ohne Abfall, in der Rohstoffe konsequent im Kreislauf geführt, Abfälle bestmöglich vermieden und null Ressourcen verschwendet werden. Das Geschäftsmodell des Kreislaufdienstleisters zielt auf ganzheitliche Lösungen: Für und mit seinen Kunden entwickelt Interzero maßgeschneiderte Closed-Loop-Lösungen – analog wie digital – und deckt sämtliche Stufen des Kunststoffrecyclings ab. Dabei verbindet das Unternehmen mehr als 30 Jahre Erfahrung mit starker Innovationskraft und hochmodernen Technologien. Unter anderem betreibt Interzero fünf Sortieranlagen für Leichtverpackungen in Deutschland und sortiert rund ein Drittel des deutschen Leichtverpackungsabfalls – mehr als 800.000 Tonnen pro Jahr. Zum Portfolio zählt außerdem eine international anerkannte Forschungseinrichtung für Recyclingkunststoffe und die Optimierung der Recyclingfähigkeit insbesondere von Verpackungen. Mit dem Dualen System Interseroh+ bietet Interzero zudem Services für den kompletten Verpackungskreislauf an. Das damit verbundene innovative Konzept der „Recycling-Allianz“ richtet sich an Unternehmen, die nicht nur ihre gesetzliche Pflicht zur Verpackungslizenzierung erfüllen wollen, sondern selbst Verantwortung für das Schließen von Rohstoffkreisläufen übernehmen möchten.
Wichtigstes Ziel der Unternehmensaktivitäten ist es, die Rohstoffe wirklich wieder zurück in die Produktion zu führen, für technische Systeme und ihre Komponenten Nutzungszyklen zu verlängern. Hierbei setzt Interzero auf Allianzen, Netzwerke und kooperative Geschäftsmodelle, um Kreisläufe nachhaltig zu schließen. Gemeinsam mit der digitalen Plattform Resourcify etwa bietet Interzero seinen Kunden einen integrierten „Zero Waste Manager“ an, um das Abfallmanagement effizient und nachhaltig zu organisieren. Weiteres Beispiel ist das Joint Venture „Encory“ von Interzero und der BMW Group zur Wiederaufbereitung von Kfz-Teilen.
Interzero hat laut der Studie „resources SAVED by recycling“ allein im Jahr 2021 durch die Kreislaufführung von rund 1,8 Millionen Tonnen Wertstoffen über 12,5 Millionen Tonnen Primärrohstoffe geschont. Das entspricht dem Gewicht von 5.227 ausgewachsenen Mammutbäumen. Zudem konnte der Ausstoß von rund einer Million Tonnen Treibhausgasen vermieden werden – und damit Kosten für klimabedingte Umweltschäden in Höhe von 199 Millionen Euro.
Transformationsfeld Natur
Laut dem Living Planet Report 2022 des WWF sind die Wildtierpopulationen in den letzten 50 Jahren um durchschnittlich 69 % zurückgegangen. Die Wissenschaft prognostiziert das 6. große Massenaussterben. Gehen Arten verloren, werden Ökokreisläufe gestört. Die Klimakrise setzt Böden, Wäldern und maritimen Ökosystemen wie Korallen durch Übersäuerung existenziell zu. Konventionelle Landwirtschaft und intensive Tierhaltung beeinträchtigten Wälder, Böden, Artenvielfalt und Grundwasser. Dies hat massive Auswirkungen auf unsere Existenzgrundlagen.
Der Schutz der Artenvielfalt auf der Erde gehört daher zu den zentralen Herausforderungen. Biodiversität zu wahren und zurückzugewinnen wird nur gelingen, wenn Unternehmen dazu beitragen. Wie ist das Verhältnis zwischen Wirtschaft und Biodiversität (neu) zu denken? Inwiefern ist das Thema für Unternehmen unmittelbar relevant? Wo gehen Unternehmen mit gutem Beispiel voran? Wie lassen sich Fortschritte messen und transparent Kommunizieren? Wo bilden sich bereits neue Geschäftsmodelle? Wo liegen Zukunftschancen?
Alnatura
Alnatura ist einer der Pioniere in der Bio-Branche und verfolgt seit seiner Gründung einen ganzheitlichen Nachhaltigkeitsansatz Der zentrale Aspekt dieses Ansatzes ist der biologische Landbau, der dazu beiträgt, die Umweltauswirkungen der Lebensmittelproduktion zu minimieren. Durch den Verzicht auf chemisch-synthetische Pflanzenschutz- und Düngemittel werden die Äcker und angrenzende Ökosysteme weniger stark mit toxischen Stoffen belastet, was sich vor allem auf die Biodiversität positiv auswirkt. Alnatura arbeitet zudem eng mit Bio-Bauern zusammen, um die Umstellung auf ökologischen Landbau zu unterstützen. So wurde 2015 die „Alnatura Bio-Bauern-Initiative“ (ABBI) ins Leben gerufen: Ein Teil des Verkaufserlöses von rund 40 Alnatura Produkten fließt jedes Jahr in das Projekt „Gemeinsam Boden gut machen“ des Naturschutzbunds Deutschland (NABU), welches Höfe finanziell bei der Umstellung auf Bio unterstützt. Über 100 Höfe wurden inzwischen durch das Projekt bei der Umstellung auf den Bio-Landbau unterstützt, bis 2025 sollen mindestens 20 weitere Betriebe hinzukommen.
Zusätzlich zu dieser Initiative unterstützt Alnatura verschiedene Umwelt- und Nachhaltigkeitsprojekte, darunter die Förderung von gentechnikfreiem Saatgut, die Pflege von Bergregionen, die Renaturierung von Mangrovenwäldern und soziale Initiativen.
Auch vor der eigenen „Haustür“ stehen Nachhaltigkeit und Umweltschutz im Fokus: Am Standort in Darmstadt, dem Alnatura Campus, gibt es neben dem zur Bauzeit 2019 größten Bürogebäude mit Wänden aus Stampflehm Europas auch ein großes, öffentlich zugängliches Außengelände. Hier sollte bewusst Raum an die Natur zurückgegeben werden. Inzwischen haben sich hier verschiedene, teils seltene Tier- und Pflanzenarten insbesondere auf der Renaturierungsfläche erfolgreich angesiedelt, darunter Zauneidechsen, Steinkraut, Steppen-Wolfsmilch, Hasenklee und Rispen-Flockenblumen. Rund 100 neu angepflanzte sowie 490 Bäume auf der Fläche des Tiny Forest werden in Zukunft ihren Beitrag zum Klimaschutz leisten und bilden eine natürliche Brücke für Tiere und Pflanzen in städtischem Raum.
FRoSTA
Auf dem Weg zum ökologischen Wandel setzt FRoSTA Maßnahmen um, die von anderen Unternehmen aufgegriffen werden, um die Wirkung zu multiplizieren:
Reinheitsgebot: FRoSTA verzichtet seit 2003 konsequent auf Zusatzstoffe, Aromen und alle anderen Zusätze- auch die, die laut Lebensmittelrecht nicht angegeben werden müssen. 2022 hat FRoSTA als erste Marke zudem vegane Fisch- und Fleischalternativen ohne Zusatzstoffe und Aromazusätze eingeführt, über 60% des Produktportfolios sind heute vegetarisch oder vegan und der Anteil wird in Zukunft weiter steigen.
Klimaschutz: Seit 2010 berechnet das Unternehmen den CO2e-Fußabdruck seiner Produkte und setzt sich in der Initiative "Together for Carbon Labelling" für eine einheitliche Methode zur Berechnung ein. Seine Unternehmensklimabilanz erstellt FRoSTA seit 2011 und verfolgt ehrgeizige Ziele zur Reduktion. Bei jeder Investition werden die Umweltauswirkungen berücksichtigt. Für Zutaten gilt seit 2003: kein Transport per Flugzeug. Firmenwagen werden abgeschafft Mobilitätsbudgets angeboten.
Nachhaltige Verpackungen: Ziel ist es, jede Verpackung ökologisch effizienter als die vorherige zu gestalten, ohne dabei mit Lebensmittelressourcen zu konkurrieren. Die Umstellung von Aluminiumtrays auf Papptrays für FRoSTAs Schlemmerfilet spart jährlich etwa 500 Tonnen Aluminium ein, während der Verzicht auf dünne Plastikfolien eine Einsparung von rund 1.200.000 qm2 Plastikfolie pro Jahr bedeutet. Die Einführung einer wiederverschließbaren Klickbox ohne Alufolie und zusätzliche Plastikdeckel für Kräuter hat ebenfalls den Markt maßgeblich beeinflusst. 2020 entwickelte FRoSTA den ersten Papierbeutel im TK-Bereich (Es muss allerdings sorgfältig geprüft werden, ob diese tatsächlich einen geringeren ökologischen Fußabdruck haben).
Biodiversität: Seit 2020 ist das Unternehmen Teil des Forschungsprojekts BioVal. Ziel ist es, die Auswirkungen seiner Aktivitäten auf Ökosysteme zu verstehen und effektive Maßnahmen zur Förderung von Biodiversität zu ergreifen.
Schadstoffeintrag ins Grundwasser: FRoSTA bereitet in seinen Werken Produktionswasser auf, wobei die herausgefilterten Schwebstoffe zur Energieerzeugung genutzt werden. Aufgrund der Nitratbelastung werden Gemüseabschnitte und Abfälle, die während des Verarbeitungsprozesses anfallen, nicht mehr auf die Felder zurückgebracht, sondern in einer externen Biogasanlage zur Stromerzeugung genutzt.
Sourcing: An seinen deutschen Gemüsewerken hat das Unternehmen direkt Einfluss auf die Anbaubedingungen und berät Landwirte in nachhaltiger Landwirtschaft. Seit 2012 wird konsequent auf Palmöl verzichtet, FRosTAs Fisch ist MSC-/ASC-zertifiziert. Einzigartig ist, dass die Herkunftsländer aller Zutaten chargengenau auf den Produktverpackungen abgebildet werden, um Transparenz zu schaffen.
Ulrich Walter GmbH / Lebensbaum
Die Ulrich Walter GmbH / Lebensbaum setzt von Beginn an auf den ökologischen Landbau, der Bodenlebendigkeit und Biodiversität fördert. Um die Auswirkungen auf die Natur positiv zu gestalten, ergreift das Unternehmen verschiedene Maßnahmen:
Partnerschaften
Lebensbaum setzt auf Partnerschaften direkt im Ursprung. So kann das Unternehmen seine Anbaupartner gezielt bei der nachhaltigen Entwicklung unterstützen, z.B. mit Kompostprojekten. Bei einem Anbaupartner in Ägypten wird beispielsweise Kompost in den Wüstenboden eingearbeitet und dadurch fruchtbar gemacht.
Denn der Kompost sorgt dafür, dass Wasser gespeichert wird und die Pflanzen mit Nährstoffen und Mineralien versorgt werden. 816 Hektar trockenes Land werden fruchtbar gemacht. Der Anbau von Kräutern und Gewürzen in der Wüste hat aber auch noch einen weiteren positiven Effekt: Durch den biologisch-dynamischen Bodenaufbau und die Pflanzung von Bäumen wird der Atmosphäre CO2 entzogen und dauerhaft im Boden gespeichert.
Im Rahmen des Coffee-novation-Projekts in Äthiopien geht es neben dem nachhaltigen Bio-Kaffeeanbau noch um einen anderen Aspekt: das Fruchtfleisch der Kaffeekirschen, eigentlich ein Abfallprodukt, wird zu Heizbriketts verarbeitet. Diese sind eine gute Alternative zu Holz aus den wertvollen äthiopischen Regenwäldern.
Verpackungen
Bei Lebensbaum sind Nachhaltigkeitskriterien fester Bestandteil im Entscheidungsprozess für oder gegen eine Verpackungslösung. Hierfür hat das Unternehmen eine Richtlinie entwickelt, die die Grundlage der Optimierungen darstellt. Dazu zählen u.a. die Ökobilanz sowie der CO2-Fußabdruck des jeweiligen Materials. Mittels einer Software wird die Umweltwirkung einer Verpackung entlang des gesamten Lebenszyklus analysiert. Darin fließen folgende Wirkungskategorien ein: Klimawirkung, Wasserverbrauch, Versauerung, Eutrophierung, Feinstaub, Landnutzung. Mit dem so berechneten Wert kann man verschiedene Alternativen gegenüberstellen.
Standort
Durch den Einsatz von 100 % Ökostrom im gesamten Unternehmen, einer Erdwärme-Anlage in Diepholz und
Kompensation von Emissionen, die sich nicht vermeiden lassen, läuft die Produktion an den Standorten CO2-neutral.
Transformationsfeld Gesellschaft
Zentraler Treiber der Transformation ist die soziale Wirkung des Unternehmens auf Gemeinschaften z.B. am eigenen Standort, in Rohstoffstandorten und gegenüber Konsument:innen. Zu viele Menschen arbeiten noch zu ausbeuterischen Löhnen und unter gesundheitsgefährdenden Bedingungen.
Unternehmen können mit Lösungen auf Augenhöhe "Win-Win"-Beispiele setzen und damit eine Aufwärtsspirale sozialer Entwicklung weltweit befördern. Gegenüber dem Endkunden wirken Unternehmen z.B. bei bezahlbarem Wohnen, Bildung, Gesundheit, Datenschutz oder Verbraucherschutzthemen. Durch positiven Impact können sie gesellschaftlichen Zusammenhalt befördern und Spaltung entgegenwirken.
Acker e.V.
Acker e. V. entwickelt seit 2013 theorie- und praxisorientierte BNE-Bildungsprogramme für Schulen und Kitas sowie Privathaushalte mit Fokus auf Gemüseanbau. Ziel der Programme ist es, dass Teilnehmende natürliche Zusammenhänge besser verstehen und ihr eigenes Verhalten reflektieren, Interesse und Wertschätzung für Lebensmittel entwickeln sowie sich gesünder und nachhaltiger ernähren. Im Rahmen der Bildungsprogramme GemüseAckerdemie und GemüseKlasse für Schulen und AckerRacker für Kitas hat Acker e. V. ein erfolgreiches und wirkungsvolles Train-the-Trainer-Konzept entwickelt, welches Pädagog:innen befähigt, Kinder beim Gemüseanbau anzuleiten. Über eine Lernplattform können sich Lehrer:innen und Erzieher:innen auf Bundesland und Lehr- bzw. Bildungsplan abgestimmte Materialen für die Gestaltung der Ackerstunden herunterladen, in Webinaren und Videos Hintergrundwissen aneignen, individuell auf ihren eigenen Schulgarten abgestimmte Acker-To-Dos und methodische Tipps finden und zu bestimmten Themen in dafür eingerichteten Foren austauschen. Ein interdisziplinäres Team aus 144 Mitarbeiterinnen und über 500 Ehrenamtlichen bundesweit schafft einzigartige Erlebnisse rund um den Acker und macht dadurch erfahrbar, wie unsere Lebensmittel entstehen und welche Auswirkungen das eigene Handeln auf die Natur hat. 2023 wurden über 1.600 Schulen und Kindergärten sowie 15 Universitäten, Hochschulen und Fachschulen erreicht. Die unterschiedlichen Bildungsprogramme haben das Potenzial einen gesellschaftlichen Wandel im Bereich des nachhaltigen Ernährungs- und Konsumverhaltens zu bewirken. Methodisch arbeitet Acker e.V. mit qualitativen und quantitativen Sozialforschungsmethoden und untersucht die Wirkung auf die teilnehmenden Zielgruppen. Zum Repertoire gehören Vorher-Nachher-Befragungen, Interviews, teilnehmende Beobachtungen sowie Fokusgruppengespräche. Orientiert wird sich dabei an wissenschaftlichen Standards und es wird mit Forschungseinrichtungen, Universitäten und externen Gutachter:innen kooperiert.
Telekom
Die Deutsche Telekom hat "Verantwortung leben" als zentralen Anspruch in ihrer Unternehmensstrategie verankert. Ihr Ziel ist es, nicht nur die führende digitale Telekommunikationsfirma zu sein, sondern auch die führende nachhaltige Telekommunikationsfirma. Sie strebt danach, eine digitale Gesellschaft zu gestalten, die auf demokratischen Werten basiert und in der alle sicher und kompetent teilhaben können. Ihr Hauptaugenmerk liegt auf der digitalen Teilhabe für alle und der Überwindung der digitalen Kluft.
Ihr Ansatz umfasst drei Hauptbereiche:
Zugang: Bis Ende 2022 wurde ein 5G-Netzwerk etabliert, das für 95% der deutschen Bevölkerung verfügbar ist, und 2 Millionen neue Glasfaseranschlüsse eingerichtet.
Bezahlbarkeit: Die Deutsche Telekom bietet eine Vielzahl von Tarifen, die für unterschiedliche Budgets geeignet sind, sowie kostengünstige Geräte. Auch gibt es Sozialtarife und reduzierte Grundgebühren, insbesondere für Bildungseinrichtungen.
Fähigkeiten: Sie fördert die digitale Kompetenz, indem sie langjährige Initiativen und Kampagnen durchführt, die auf Sensibilisierung, Lernformaten und Bildungsmaßnahmen in verschiedenen Medienplattformen basieren.
Die Deutsche Telekom engagiert sich aktiv gegen Ausgrenzung und Hass im digitalen Raum und setzt sich für gesellschaftlichen Zusammenhalt ein. Ihre Initiative #GegenHassImNetz und die Kampagne "Gegen Hass im Netz - Gemeinsam sind wir mehr" haben große Aufmerksamkeit erregt. So werden z.B. Informationen und Bildungsmaterialien über verschiedene Kanäle geteilt, um für mehr digitale Zivilcourage zu werben und die Gefahren unbedachter Veröffentlichung von Kinderfotos im Netz aufzuzeigen.
Seit Sommer 2020 hat die Telekom mit ihrer Initiative #GegenHassImNetz beeindruckende Erfolge erzielt, darunter 1,8 Milliarden Medienkontakte und die direkte Unterstützung von mehr als 7,85 Millionen Menschen. Ihr interaktives Kindermagazin Scroller fördert einen verantwortungsvollen Umgang mit digitalen Medien und richtet sich an Kinder im Alter von 9-12 Jahren.
Vaude
VAUDE ist seit 2015 als erstes Unternehmen der Outdoor-Branche Pionierunternehmen der Gemeinwohl-Ökonomie (GWÖ) mit auditierter Gemeinwohlbilanz; diese misst unternehmerischen Erfolg nicht nur am Finanzgewinn, sondern an seinem quantitativen und qualitativen Beitrag zum Gemeinwohl. Verantwortungsvoll zu wirtschaften bedeutet für VAUDE dafür Sorge zu tragen, dass Menschen in der textilen Lieferkette faire Arbeitsbedingungen haben und ihre Lebenssituation im Sinne einer sozialen Entwicklung verbessern können. VAUDE lässt sich regelmäßig unabhängig auditieren und ist seit 2010 Mitglied der internationalen Fair Wear Foundation (FW). 100 % der Produktionsstätten, mit denen das Unternehmen im FW-Geltungsbereich zusammenarbeitet, sind auditiert. Die Produzenten verpflichten sich zum Code of Labour Practice (CoLP) der Fair Wear zur Einhaltung der Menschenrechte und zur Zahlung existenzsichernder Löhne (Living Wages).
Zur Verbesserung von Mitspracherechten, Arbeitsschutzmaßnahmen und ordnungsgemäßer Beschäftigung werden regelmäßig Schulungen beim VAUDE Vendor Club durchgeführt und mit Trainingsanbietern wie z. B. Better Work in Vietnam oder SMART in Myanmar zusammengearbeitet. Durch VAUDEs eigenen und gleichzeitig branchenstrengsten Umweltstandard Green Shape und dem damit verbundenen umfassenden Umweltmanagement unter Nutzung anerkannter Standards sowie dem freiwilligen Verzicht auf schädliche Chemikalien schont das Unternehme die Umwelt, achtet auf Tierschutz und hält gleichzeitig höchste Sozialstandards in der Supply Chain ein. Über sensible Themen wie z.B. Arbeitsbedingungen in Asien klärt VAUDE transparent und proaktiv auf (Podcast, Social Media, Nachhaltigkeitsbericht, PR-Arbeit) und macht sich auch politisch stark für sozialgerechte Veränderungen, z. B. für ein starkes europäisches Lieferkettengesetz oder die CSRD-Richtlinie.
2020 wurde die VAUDE Academy für nachhaltiges Wirtschaften gegründet. Mit fundierter Expertise empowert VAUDE andere Unternehmen verschiedenster Branchen ihren Transformationsprozess zu gestalten und gibt den eigenen Best Practice-Erfahrungsschatz proaktiv weiter. Bereits 300 Organisationen haben diese Angebote genutzt.