Die Jury lobt die vorbildliche Neudefinition des oft vernachlässigten Gewerbebaus – mit klarer gestalterischer Haltung und dem bewussten Zusammenspiel von Nachhaltigkeit und sozialer Verantwortung. Mit lokalen Abfallprodukten wie Lehm aus der Baugrube und Resten der eigenen Fertigung wurde CO2-positiv gebaut, so besteht beispielsweise die Fassade der Halle aus Waldkantenabschnitten.
Klingelhöfer Krötsch Architekten haben mit dem Campus Holzbau Schmäh eine Referenz für ökologisches und zukunftsfähiges Bauen im ländlichen Raum für den, seit 150 Jahren familiär geführten Handwerksbetrieb geschaffen. Zwei komplementäre Baukörper aus Büro- und Wohngebäude sowie einem Werkstattgebäude formen das Betriebsgelände.
Die langgestreckte, lichtdurchflutete als reiner Holzbau konstruierte Fertigungshalle bietet einen freundlichen Arbeitsplatz und verzichtet vollständig auf eine konventionelle Bodenplatte aus Stahlbeton: Stattdessen bilden Kies, Schaumglasschotter und Fichtenbohlen den Bodenaufbau. Ihre stützenfreie Konstruktion, großzügige Fensterbänder und eine offene Raumstruktur erlauben flexible Nachnutzungen – etwa als Veranstaltungs- oder Verkaufsfläche.
Auf der gegenüberliegenden Hofseite ist das schlanke, hohe Volumen des sechsgeschossigen Wohn- und Bürogebäudes als nutzungsneutrale Skelettstruktur mit aussteifendem Treppenhauskern konzipiert. Die zurückgesetzte Glasfassade ermöglicht mit tiefen Loggien zum einen den Aufenthalt der Mitarbeiter und Bewohner, zum anderen dient es auch dem Sonnenschutz. Das Gebäude ist nutzungsoffen und barrierefrei konzipiert und derzeit in eine Büronutzung und vier kleine Werkswohnungen unterteilt. Auch hier wurde das Thema möglicher Nachnutzungen baulich umgesetzt.
Zentrum des Ensembles ist ein großzügiger Gemeinschaftsraum mit Blick in die Halle, der den 52 Mitarbeitenden einen Ort für informellen Austausch und gelebte Gemeinschaft bietet. Im Inneren kontrastieren grob belassene Lehmputzflächen atmosphärisch mit den fein gearbeiteten Oberflächen aus Fichte und Eiche.
Der Topografie der Hanglage folgend wurde die Versiegelung der Grundstücksfläche auf ein Minimum reduziert. Streuobstwiesen, heimische Gehölze und Staudenpflanzungen schaffen in Kombination mit begrünten Dächern ein vielfältiges Ökosystem. In Nistkästen und Natursteinmauern finden Vögel, Insekten, Eidechsen und sogar ein angesiedelter Biber Lebensraum. Regenwasser wird durch Gründächer und Zisternen zwischengespeichert und zurückgehalten.
Die Energieversorgung erfolgt über einen Holzpellet-Brennwertkessel, der Produktionsabfälle thermisch verwertet und wird durch eine Erdwärmepumpe ergänzt. Photovoltaikanlagen mit Batteriespeichern decken den Strombedarf für Betrieb, Wohnungen und Fahrzeuge. Alle Bauteile sind mechanisch gefügt und rückbaubar. OSB-Platten wurden durch leimfreie Vollholzbeplankung ersetzt; als Dämmmaterialien kommen Zellulose- und Holzfasern zum Einsatz.
Das Projekt zeigt auf eindrucksvolle Weise, wie traditionelle Bauweisen, ökologische Materialien und soziale Verantwortung zusammenwirken können – ressourcenschonend, wirtschaftlich und zukunftsweisend für den Gewerbebau von morgen.