Sieger Forschungspreis „Nachhaltige Entwicklungen“ 2013
VIP Vorpommern Initiative Paludikultur
Kurzbeschreibung des Projektes
Wenn man einen Landwirt fragt, wie man Moore nutzbar macht, gab es über Jahrhunderte hinweg nur eine Antwort: trocken legen. Das hat gravierende Folgen für Klima und Natur: Entwässerte landwirtschaftlich genutzte Moore sind in der EU für 80% der CO2-Emissionen aus der landwirtschaftlichen Landnutzung verantwortlich. Denn sobald das schützende Wasser aus dem Boden abgelassen wird, bauen Mikroorganismen in kurzer Zeit den über Jahrhunderte entstandenen Torf ab. Viele seltene Tier- und Pflanzenarten, die auf eine feuchte Umgebung angewiesen sind, verlieren ihren Lebensraum. Einen Paradigmenwechsel haben nun Wissenschaftler der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald in Mecklenburg-Vorpommern eingeläutet: Sie zeigten, dass man Moore auch nass – also standortgerecht – nutzen und damit sogar Geld verdienen kann. Die nasse Nutzung der Moore (Paludikultur) hat entscheidende Vorteile: Der Torfkörper bleibt erhalten; Klima und Umwelt werden geschont. Statt Mais und Raps werden standorttypische Pflanzen wie Schilf, Seggen oder Rohrglanzgras angebaut. Deren Biomasse ist für Baustoffe wie Dachreet, Dämmstoffe oder Wandputze nutzbar oder sie lässt sich in Form von Pellets, Briketts oder Biogas in Energie umwandeln – als nachwachsender Rohstoff ohne Konkurrenz für die Nahrungsmittelproduktion. Auch als Futter ist das Schilf einsetzbar: Wo das klassische Weidevieh sich nasse Füße holt, fühlt sich der Wasserbüffel richtig wohl. Dort vertilgt er das Schilf auf feuchten Wiesen, betreibt so Landschaftspflege auf CO2-speichernden nassen Böden und liefert gleichzeitig hochwertiges Biofleisch. Die Projektverantwortlichen streben außerdem die Entwicklung der Region Vorpommern zu einer weltweiten Modellregion für eine nachhaltige Form der Moorbewirtschaftung an.
Nominierungs-Begründung der Jury
Das Forschungsteam entwickelte neue Produkte aus Schilf und Rohrkolben (z.B. für Dämmstoffe), innovative Erntekonzepte für die Bewirtschaftung nasser Moorböden und für die Beweidung mit Wasserbüffeln. Gleichzeitig analysierten die Projektpartner Hemmnisse bei der Neuausrichtung der Landwirtschaft sowie erforderliche rechtspolitische Rahmenbedingungen. Der integrative Ansatz vereint Schutz und Nutzung. Durch die frühzeitige Einbindung von Landwirtschaftsberatern, Landwirten und regionalen Entscheidern gelang ein vorbildlicher Ergebnistransfer. So ließen sich Synergien zwischen Umwelt--/Naturschutz und Landwirtschaft nutzen. Ein markanter Erfolg auf internationaler Ebene ist u.a. die Aufnahme von Moorwiedervernässung ins Kyoto-Protokoll. Mit „VIP -– Vorpommern Initiative Paludikultur“ bringt eine konjunktur- und strukturschwache Region ein Modellprojekt hervor, das überall auf der Welt für Moore angewendet werden kann. Die Jury würdigt dies mit einer Auszeichnung mit dem Forschungspreis „Nachhaltige Entwicklungen“.
Hintergrund
Lebende, intakte Moore sind reich an biologischer Vielfalt und speichern riesige Mengen an Süßwasser und Kohlenstoff. Durch Entwässerung und herkömmliche landwirtschaftliche Nutzung haben viele Moore in der EU ihre Funktionen für Natur- und Klimaschutz verloren. Mehr als 95% der Moore in Deutschland sind daher heute beträchtliche Quellen für Treibhausgase. Moore bedecken weltweit lediglich 3% der Erdoberfläche, speichern jedoch doppelt so viel Kohlenstoff wie der gesamte Waldbestand. Degradierte Moore machen zwar nur 0,3 Prozent der Erdoberfläche aus, emittieren jedoch überproportional viel Treibhausgas – nämlich 6% des vom Menschen verursachten CO2. Das entspricht der dreifachen Menge des globalen Flugverkehrs. Weitere Informationen: www.paludikultur.de
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