Der Erweiterungsbau des Landratsamts Starnberg ist ein Projekt, das sich in seiner Form, Materialität und Konzeption durch den sensiblen Umgang mit dem Bestand und dessen Weiterdenken auszeichnet. Der 1987 fertig gestellte Hybrid aus Holz, Stahl und Beton in modularer Bauweise wurde vom Architekturbüro Auer Weber entworfen und 2021 erweitert. Schon der Bestandsbau wurde für seine architektonische Qualität ausgezeichnet, die Erweiterung stellt nun die Weiternutzung sicher.
Zu würdigen sind sowohl das Fortschreiben der Architektur als auch die Aktualisierung energetischer Standards und der Nutzungsflexibilität. Die bauabschnittsweise Realisierung über mehrere Jahrzehnte hinweg ist eine nachhaltige Strategie für sich und stellt einen Appell dar, technische Vorschriften nicht ständig zu verändern, sondern etablierte Bauweisen und Konstruktionen ausreifen zu lassen.
Die zweigeschossigen Gebäude sind sehr selbstverständlich in die bayrische Seenlandschaft eingebettet. Durch die Holzhybridstruktur wird bei der Errichtung der CO2-Aufwand reduziert und die verbleibende thermische Masse für das Klimakonzept genutzt. Durch die Lage im Grünen kann man den Installationsaufwand für die maschinellen Lüftung hinterfragen. Dies wird jedoch im Betrieb durch die nahezu ausgeglichene Bilanz zwischen Energiebedarf und solarer bzw. geothermischer Energieerzeugung – bezogen auf den Gebäudebetrieb – wieder kompensiert. Allgemein ist die technische Gebäudeausrüstung intelligent in die Kubatur integriert.
Nachhaltigkeit ist bei diesem Projekt allerdings nicht nur im Sinne einer Energieoptimierung zu verstehen, sondern wird vielmehr als gestalterische Integrale mitgedacht. Der Neubau ist behutsam in den Bestand eingefügt. Bestehende gestalterische Motive werden aus dem Bestand entnommen, weitergenutzt und wo nötig aktualisiert. Die 35 Jahre alte Konstruktion wird ebenso wie Materialien und Details auf das Level derzeit vorherrschender Ansprüche gehoben.
Das „junge Baudenkmal“ aus den 1980er Jahren wurde in die heutige Zeit überführt, ohne Brüche zu erzeugen und zugleich ohne Scheu an manchen Stellen neue Antworten zu formulieren. Durch die Erweiterung wird sichergestellt, dass weiterhin ein Betrieb nach aktuellen Standards gewährleistet wird. Besonders erfreulich ist, dass die öffentliche Hand hier als Bauherrin voranschreitet und zeigt, dass es sich lohnt architektonische Qualität zu erhalten und energetisch zu aktualisieren um sicherzustellen, dass Nutzende weiterhin viel Freude an bereits Gebautem haben können.
Das Erweiterungsprojekt Landratsamt Starnberg überzeugt durch sein Gesamtkonzept, das hoffentlich zum Prototyp wird, wenn es darum geht Bestand klug weiterzudenken: gestalterisch, energetisch, holistisch.
Projektbeteiligte: Auer Weber Assoziierte GmbH/Landkreis Starnberg